Bildungswissenschaftliche Kompetenzen
Die allgemeinen bildungswissenschaftlichen Grundlagen bilden das theoriebasierte Rahmenkonzept für die Analyse von Bildungs- und Erziehungsprozessen, von Bildungssystemen und der Bedeutung ihrer Einflussgrößen. Absolvent*innen haben ein umfassendes Verständnis ihrer Erziehungs- und Bildungsaufgaben, das von der Fähigkeit, Lernen und Wissenserwerb unter optimalen Bedingungen zu ermöglichen, über die Wahrnehmung erzieherischer Aufgaben in heterogenen Lerngruppen bis zur Übernahme neuer Aufgaben in einer sich wandelnden Gesellschaft reicht.
Die Wissenschaftsdisziplinen Pädagogik, Psychologie, Kommunikationswissenschaft, Soziologie, Philosophie und Inklusive Pädagogik stehen dabei in unterschiedlicher thematischer Beteiligung für den theoretischen Bezugsrahmen.
Die Absolvent*innen …
Aufbauend auf dem Fundament aus dem Bachelorstudium werden im Masterstudium werden u. a. die Kompetenzen vertieft und verbreitert sowie um neue Aspekte ergänzt: im Fokus stehen die Themenbereiche pädagogische Qualitätsentwicklung und Professionalitätsentwicklung, Instrumente der Qualitätsentwicklung an österreichischen Schulen, Gestaltung und Evaluation von Bildungsprozessen – jeweils vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Entwicklungen und Herausforderungen. Vor dem Hintergrund der Berufsfelderfahrungen werden Situationen aus der Praxis theoriegeleitet analysiert, reflektiert und dadurch in einer community of practice die professionelle Handlungskompetenz weiterentwickelt.
Fachkompetenzen
Die fachspezifischen Anforderungen des Lehrerhandelns im Bereich Primarstufenpädagogik und -didaktik umfassen Basiswissen sowie reflexive und aktionsbezogene Kompetenzen (Lindmeier, 2011). Durch Basiswissen werden das Fachwissen und fachdidaktisches Wissen unter Einbeziehung von Prinzipien und Konzepten des Fachs und geeigneter Zugänge zu fachlichen Inhalten gleichermaßen erworben. Absolvent*innen verfügen über Kompetenzen, die es ihnen ermöglichen, fachlichen Unterricht zu planen, durchzuführen und zu evaluieren (z. B. welche Hinführung zu einem Thema oder Lernbereich – ausgehend von individuellen Voraussetzungen für eine spezifische Lerngruppe – besonders geeignet ist und welche weiterführenden Planungen aus Lernprozessen von Lernenden abzuleiten sind). Sie können durch die erworbene aktionsbezogene Kompetenz Anforderungen in einer konkreten Unterrichtssituation (z. B. spontanes Reagieren auf Verständnisfragen oder Analyse von Lernergebnissen unter Zeitdruck) kompetent bewältigen (Blömeke et al., 2010; Lindmeier, 2011; Schratz et al., 2011). Die folgend gelisteten Kompetenzen stellen den Rahmen für alle im Primarstufenbereich relevanten Qualitätsanforderungen dar und sind in den Lehrveranstaltungsbeschreibungen auf konkretere Anforderungen spezifiziert.
Die Absolvent*innen …
Querschnitts- und überfachliche Kompetenzen, professionsorientierte Kompetenzen
Nicht nur die auf ein Fach, eine Disziplin bezogenen oder jene in mehreren Fachbereichen zu erwerbenden bedeutsamen Kompetenzen werden in den Lehrveranstaltungsbeschreibungen unter der benannten gemeinsamen Bezeichnung festgehalten. Sie vermitteln als Querschnittsmaterie Zusammenhänge und bilden Verflechtungen zwischen Orientierungen, Schwerpunkten, Studienjahren und Lehrveranstaltungen. Darüber hinaus können solche Kompetenzen durch Lehrveranstaltungen oder Orientierungen explizit abgebildet werden (z. B. Englisch, Mehrsprachigkeit, Inklusion/Diversität, Medienkompetenz/Digitalität, KI, Zukünftebildung, Civic Education/Demokratiepädagogik).
Den Empfehlungen des BMBWF im Kontext der Neukonzeption der Lehrpläne für die Volksschule – die seit dem Schuljahr 2023/24 beginnend mit der Vorschulstufe und der 1. Schulstufe aufsteigend in Kraft treten – folgend, orientiert sich dieses Curriculum im Kompetenzaufbau neben den für die Studierenden relevanten Querschnitts- und überfachlichen Kompetenzzielen auch an den in diesem neuen Lehrplan zugeordneten fächerübergreifenden und überfachlichen Kompetenzen für Schüler*innen. Dazu gehören Bildungs-, Berufs- und Lebensorientierung, Entrepreneurship Education, Gesundheitsförderung, Informatische Bildung, Interkulturelle Bildung, Medienbildung, Politische Bildung, Reflexive Geschlechterpädagogik und Gleichstellung, Sexualpädagogik, Sprachliche Bildung und Lesen, Umweltbildung für nachhaltige Entwicklung, Verkehrs- und Mobilitätsbildung sowie Wirtschafts-, Finanz- und Verbraucher*innenbildung. Eine weitere Zielsetzung ist es, dem technischen Fortschritt der Digitalisierung sowie der sich explosionsartig entwickelnden Anwendung Künstlicher Intelligenz Rechnung zu tragen. Die PH NÖ betrachtet es als unverzichtbares Kontinuum von Theorie und Praxis, den Studierenden jene Ziele explizit zugänglich zu machen, die sie von Beginn ihres Berufslebens an begleiten werden und sie als lebenslang Lernende darauf vorzubereiten, kritisch und reflektiert, mit den neuen Chancen aber auch mit den Risiken von KI umzugehen (Birkelbach et al., 2019).
Den hochschulgesetzlichen Vorgaben sowie den darauf basierenden Empfehlungen des Qualitätssicherungsrat (2024) folgend, stehen Themenfelder zum Aufwachsen in einer globalisierten, digitalisierten, inklusiven, vielsprachigen und heterogenen Gesellschaft als integrale Anforderung an eine Pädagog*innenbildung im Mittelpunkt. Die zu erwerbenden pädagogischen, fachlichen, sozialen und didaktischen Kompetenzen umfassen Inklusive Pädagogik und E-Didaktik, Diversitätskompetenz, inklusive, interkulturelle, interreligiöse, sprachensensible Kompetenzen für Deutsch als Zweitsprache sowie Genderkompetenz (insbesondere zur Gleichstellung der Geschlechter), um ein begründetes und differenzsensibles Professionsverständnis mit einem reflexiven Habitus zu integrieren. Darüber hinaus wird die Kenntnis des Schulrechts sowie Grundzügen des Dienstrechts in dafür spezifisch konzipierten Lehrveranstaltungen sichergestellt.
Die Komplexitätsstufen/Verarbeitungstiefen in den Lehrveranstaltungen (Marzano, 2007; Schratz et al., 2011; Webb et al., 2005; Wilson, 2016) sind:
(a) Erinnern, Verstehen – konkret faktisch (wahrnehmen) reproduzieren, kennen
Erinnern (auf relevantes Wissen zurückgreifen); Verstehen (interpretieren, klassifizieren, folgern, vergleichen, erklären); Wissens-/Fähigkeits-Grundlagen sowie Einstellungen erinnern und verstehen
(b) Anwenden (ausführen/implementieren) – abstrakt, konzeptionell, analytisch
Einen Handlungsablauf in einer bestimmten Situation ausführen (eine Methode, ein Schema verwenden); Wissen, Fähigkeiten, Einstellungen anwenden (verbinden)
(c) Analysieren und Beurteilen – kreativ, kritisch
Probleme lösen durch Experimentieren, Forschen, Evaluieren; Wissen, Fähigkeiten, Einstellungen analysieren und bewerten; eigen- und mitverantwortliches Evaluieren
(d) Innovieren, Erschaffen, Erweitern
Wissenserweiterung; Reflexion auf der Basis von Wissen, Fähigkeiten und Einstellungen; Initiierung von (Weiter-)Entwicklungen
Der Kompetenzaufbau zwischen Bachelor- und Masterstudium versteht sich dabei spiralartig. Da sich im Lauf des Studiums das Verständnis der Studierenden weiterentwickelt, können Themen erneut aufgegriffen und auf eine komplexere Weise bearbeitet werden. Theorien und Praxis werden dadurch vermittelt, Wissen und Können relationiert und Reflexion zu einem Kernelement des Berufsethos.
Forschende Haltung, wissenschaftliches Arbeiten
„Wissenschaftliches Arbeiten“ wird nicht bloß als Propädeutik für das Verfassen der Bachelor und der Masterarbeit gesehen, es dient auch zum Aufbau einer forschenden Haltung, welche die fachwissenschaftliche, fachdidaktische und pädagogisch-praktische Kompetenzentwicklung im Studium begleitet und zunehmend den professionsorientierten Diskurs vertieft.
Dieser Kompetenzaufbau wird in den Lehrveranstaltungen der PH NÖ …
Die pädagogisch-praktischen Studien sind geprägt von kooperativen und zyklisch forschenden Elementen im Sinne der Aktionsforschung im Rahmen von Lesson Studies und einzelner Lehrveranstaltungen. Fokussiert wird auf den transformativen Prozess von Lehrerperson-Werden zu Lehrperson-Sein und damit der Ausformung eines*einer reflektiven Praktiker*in.
Literatur:
Altrichter, H., Posch, P., & Spann, H. (2018). Lehrerinnen und Lehrer erforschen ihren Unterricht: Unterrichtsentwicklung und Unterrichtsevaluation durch Aktionsforschung. UTB.
Birkelbach, L., Mader, C., & Rammel, C. (2019). Lernen mit Künstlicher Intelligenz-Potential und Risiken von KI-Lernumgebungen im Hochschulbereich. Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF).
Blömeke, S., Kaiser, G., & Lehmann, R. (Eds.). (2010). TEDS-M 2008. Professionelle Kompetenz und Lerngelegenheiten angehender Primarstufenlehrkräfte im internationalen Vergleich. Waxmann.
Lehrplan der Volksschule (2023). BGBl. Nr. 134/1963, zuletzt geändert durch die Verordnung BGBl. II Nr. 163/2023
Lindmeier, A. (2011). Modeling and measuring knowledge and competencies of teachers: A threefold domain-specific structure model, exemplified for mathematics teachers, operationalized with computer-and video-based methods. Waxmann.
Marzano, R. J., & Kendall, J. S. (Eds.). (2007). The new taxonomy of educational objectives. Corwin Press.
Schratz, M., Paseka, A., & Schrittesser, I. (Eds.). (2011). Pädagogische Professionalität: quer denken – umdenken – neu denken. Impulse für next practice im Lehrerberuf. Facultas.wuv.
Webb, N. L., Alt, M., Ely, R., Cormier, M., & Vesperman, B. (2005). The WEB alignment tool: Development, refinement, and dissemination. Washington, DC: Council of Chief State School Officers.
Wilson, L. O. (2016). Anderson and Krathwohl–Bloom’s taxonomy revised. Understanding the new version of Bloom's taxonomy.
Qualitätssicherungsrat (2024). Verfahren für Stellungnahmen des QSR zu Curricula für Lehramtsstudien gemäß Hochschulrechtsreform 2024. GZ QSR-A01/2024
Qualifikationsprofil Rechtsprofil Strukturprofil