open2chat.at – Jugendliche begleiten Jugendliche
open2chat.at ist eine anonyme und kostenlose Online-Begleitung von Jugendlichen für Jugendliche. Wenn dich als Jugendliche oder Jugendlicher Sorgen, Fragen oder Probleme beschäftigen, kannst du hier ganz einfach mit Gleichaltrigen ins Gespräch kommen.
Die Begleiter*innen sind zwischen 16 und 25 Jahre alt und werden von der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich professionell ausgebildet. Sie hören dir zu, nehmen deine Anliegen ernst und sprechen mit Dir über Themen, die dich bewegen – etwa Schule, Familie, Freundschaften, Liebe oder Sexualität.
open2chat ersetzt keine psychotherapeutische oder ärztliche Behandlung und ist auch keine Dating- oder Kennenlernplattform.
open2chat wird von der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich und der Karl Landsteiner Universität wissenschaftlich begleitet und evaluiert.
open2chat – Hintergrund und Idee
Das Jugendalter ist eine Lebensphase, in der spezifische biografische Herausforderungen als Aufgaben und Ansprüche auftreten. In dieser Zeit können Krisen, Konflikte und psychische Belastungen entstehen, die sowohl mit der Persönlichkeits- und Identitätsentwicklung als auch mit gesellschaftlich-kulturellen Dynamiken verbunden sind (Zechner, Wiesner & Böckle, 2022; Zechner, 2025).
Wie Zechner & Wiesner (2022) betonen, bilden das Lebensbewältigungskonzept von Böhnisch (2023) sowie das inklusionsdidaktische Modell von Gebauer (2020) die Grundlage für Handlungsoptionen, die Kindern und Jugendlichen eine adäquate Lebensbewältigung ermöglichen (Wiesner & Gebauer, 2022). Dabei lassen sich verschiedene Dimensionen unterscheiden: emotionale, kognitive, interaktive, gemeinschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Aspekte. Diese betreffen sowohl die persönlichen Bereiche des subjektiven Befindens als auch prosoziale und soziale Dimensionen, die sich etwa in der Anerkennung durch andere oder im Erleben eigener Wirksamkeit zeigen.
Nach Böhnisch (2023) gehört dazu auch die Erfahrung, in biografischen Risikosituationen keinen ausreichenden prosozialen oder sozialen Rückhalt zu haben. Wenn diese Situationen unüberschaubar erscheinen, entsteht oft eine Suche nach Halt, Unterstützung und Anerkennung. Hinzu kommt das Erleben von Orientierungslosigkeit, das sich im Gefühl des Sich-nicht-mehr-Zurechtfindens äußert. Dies kann entweder zu einer intensiven Suche nach klarer Orientierung führen oder aber zu Rückzug und apathischen Reaktionen. Gleichzeitig zeigt sich eine Sehnsucht nach Kontinuität und Stabilität – als Versuch, dem Stress von Handlungsunfähigkeit, Desintegration oder Separation zu entkommen und eine Balance zwischen Handlungsfähigkeit und Eingebundenheit herzustellen.
Vor diesem Hintergrund bietet open2chat – ein Projekt, das maßgeblich vom Department Diversität an der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich unterstützt wird – einen geschützten Rahmen, um solche Herausforderungen aufzugreifen. Es schafft einen »Raum«, in dem Jugendliche die Erfahrung machen können, erste mutige Schritte zu setzen, den eigenen Schatten zu überwinden und sich einer anderen Person anzuvertrauen.
Die Geschichte hinter open2chat
open2chat wurde 2021 ins Leben gerufen, um Jugendlichen eine niedrigschwellige Plattform für Sorgen, Fragen und Probleme zu bieten. Geschulte Jugendliche und junge Erwachsene stehen als Peer-Begleiterinnen zur Seite, wenn Freunde und Familie nicht die richtigen Ansprechpartnerinnen sind (Zechner, Wiesner & Böckle, 2022). Die Plattform ermöglicht Gespräche auf Augenhöhe – anonym, kostenlos und mit außergewöhnlicher Qualität (PH NÖ, 2022a, 2022b, 2022c).
Das Projekt entstand zunächst in Kooperation zwischen der Caritas, der Karl Landsteiner Privatuniversität, der Ludwig Boltzmann Gesellschaft und der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich. Seit der Unterzeichnung einer dauerhaften Kooperation im Oktober 2022 konnte die Initiative kontinuierlich wachsen (Caritas, 2022). Getragen wurde sie von der Karl Landsteiner Privatuniversität, der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich und der Ludwig Boltzmann Gesellschaft sowie tatkräftig unterstützt von der Caritas der Diözese St. Pölten, der Erzdiözese Wien und dem Gesundheitsministerium. Heute ist open2chat bereits in Niederösterreich, Wien und Kärnten aktiv.
Bild: Vertragsunterzeichnung open2chat - Jugendliche helfen Jugendlichen
Im Bild von links nach rechts: HS-Prof. Mag.komm. Mag.phil. Dr.phil Christian Wiesner Projektleitung PH NÖ), Bakk., Mag. Patrick Lehner (Open Innovation in Science Center, Ludwig Boltzmann Gesellschaft), Prof. Mag. phil. PaedDr. Kerstin Angelika Zechner, Bakk.phil. MA. (Departmentleiterin Diversität und Projektleitung PH NÖ), Univ.-Prof. HR MMag. DDr. Erwin Rauscher (Rektor PH NÖ), Mag. Sabine Siegl (Prorektorin KL), Univ.-Prof. Dr. Rudolf Mallinger (Rektor KL), Mag. Sabine Steinböck Projektleiterin open2chat 2022, Caritas St. Pölten & NÖ-West), Hannes Ziselsberger (Caritasdirektor St. Pölten & NÖ-West), Priv.-Doz. Dr. Beate Schrank, MSc., PhD (Forschungsprojekt D.O.T., Projektleiterin 2022 KL), MMag. Dr. Markus Böckle, MSc (Projektleiter Forschung open2chat, KL)
Das Department Diversität der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich – unter der Leitung von Kerstin Angelika Zechner und durch Mitwirkung von Christian Wiesner – organisiert und leitet für die Caritas sowie deren Projektleitung Sandra Schnait und Claudia Gamsjäger aktuell die Ausbildung der Peer-Begleiter*innen in den drei Bundesländern Niederösterreich, Wien und Kärnten. Damit wird open2chat zu einem Beispiel für Kooperation, Innovation und Solidarität im Kontext von Diversität.
Die Ausbildung der Peer-Begleiter*innen durch die PH NÖ
Eine zentrale Rolle bei open2chat übernehmen die Peer-Begleiterinnen (Ausbildung Begleiter*innen). Sie absolvieren eine fundierte Ausbildung, die vom Department Diversität der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich angeboten und von Beginn an unter deren Projektleitung für die Caritas durchgeführt wird. Ziel dieser Ausbildung ist es, Jugendliche gezielt darauf vorzubereiten, andere Jugendliche kompetent zu unterstützen. Die insgesamt vier intensiven Ausbildungstage werden von Expertinnen im Bereich der Online-Beratung begleitet.
Die Ausbildung umfasst zwei 2-tägige Schulungsblöcke, ergänzt durch eine digitale Übungsphase. In dieser Phase führen die Jugendlichen erste Begleitungen über open2chat durch und erhalten gezielte Rückmeldungen zu ihren Antworten. Nach einer Teambuilding-Einheit lernen die Teilnehmenden die technischen Grundlagen, den Ablauf und die Regeln digitaler Beratung kennen – etwa sprachliche Besonderheiten in der Kommunikation oder den Aufbau von Antworten.
Darüber hinaus behandelt die Schulung häufige Krisenthemen wie Mobbing oder selbstverletzendes Verhalten. Ergänzend entwickeln die Jugendlichen Coping-Strategien und Maßnahmen zur Psychohygiene, damit sie auch in belastenden Situationen handlungsfähig bleiben. Zum Abschluss werden die Teilnehmenden über Ziel und Ablauf der begleitenden Forschung informiert, die der laufenden Weiterentwicklung und Qualitätssicherung der Ausbildung dient (Schmalwieser et al., 2022).
Im Bild von links nach rechts: Peerbegleiterin Katja, Caritas-Direktor Hannes Ziselsberger, Peerbegleiter Samuel, Studentin Susanne Schmalwieser, Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister und Rektor Erwin Rauscher von der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich © NLK Pfeiffer
Auszeichnung für das Projekt open2chat
Das wissenschaftlich begleitete Projekt open2chat wurde 2024 mit dem Österreichischen Jugendpreis in der Kategorie „Nationale Jugendarbeit“ ausgezeichnet. Staatssekretärin Claudia Plakolm ehrte damit die herausragende Initiative, die es jungen Menschen ermöglicht, Gleichaltrige in Krisensituationen anonym und kostenfrei zu unterstützen.
Auch erhielt die anonyme, kostenfreie und rund um die Uhr zugängliche Chat-Plattform www.open2chat.at 2024 nicht nur den Österreichischen Jugendpreis, sondern erreichte auch den dritten Platz des Staatspreises für freiwilliges und ehrenamtliches Engagement in der Kategorie „junges Engagement“ (Bundeskanzleramt, 2024; PH NÖ, 2024).
Diese Auszeichnungen stellen einen Meilenstein für open2chat und die österreichische Jugendarbeit dar. Sie würdigen das Engagement aller Partner*innen, die mit großem Einsatz daran arbeiten, Jugendlichen eine vertrauensvolle Anlaufstelle in schwierigen Lebenssituationen zu bieten. Prof. Mag. PaedDr. Kerstin Angelika Zechner, MA, und HS-Prof. Mag. Mag. Dr. Christian Wiesner, die Projektleitung an der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich, betonen, wie wichtig diese Anerkennung für die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden junger Menschen ist. open2chat ersetzt selbstverständlich keine Therapie, Beratung, kein ärztliches Gespräch oder andere Form von Unterstützung durch speziell dafür ausgebildete Erwachsene.
open2chat gilt als leuchtendes Beispiel für Kooperation, Innovation und Solidarität – für eine Caring Culture. In diesem Zusammenhang ist auch das Projekt Teaching to Be hervorzuheben, das das berufliche Wachstum und das Wohlbefinden von Lehrpersonen im Bereich des sozialen und emotionalen Lernens fördert. Daraus entstand der Sammelband Teachers' Professional Wellbeing mit Beiträgen internationaler Expert*innen unter Mitwirkung der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich. Ebenso sei auf den Sammelband Caring Culture. Fürsorge und sorgende Verantwortung in der Pädagogik von Simone Breit, Michal Schratz und Kerstin A. Zechner hingewiesen.
Ein gemeinsames Projekt von