Das interdisziplinäre Projekt „Das Anthropozän lernen und lehren“ nutzt das Anthropozän als Denkrahmen für transformative Bildungsprozesse und als Reflexionsbegriff für eine Weiterentwicklung der Bildung für nachhaltige Entwicklung. In dieser Mehrfachfunktion wollen wir als PH NÖ das Anthropozän an die Schule(n) bringen. Im aktuellen Erdzeitalter werden die massiven Eingriffe des Menschen in das Erdsystem sichtbar. Der geologische Fachbegriff, das Anthropozän, fordert dazu auf, über die Notwendigkeit und die Möglichkeit einer zukunftsorientierten Neugestaltung der Mensch-Natur-Beziehung nachzudenken.
Der erste Sammelband Das Anthropozän lernen und lehren (Innsbruck et al.: Studienverlag, Band 9 der Reihe „Pädagogik für Niederösterreich“) stellt theoretische und praktische Zugänge zum Anthropozän-Konzept im Bildungskontext aus Sicht verschiedener Bezugswissenschaften vor.
Der zweite Workshop und Sammelband Kulturelle Nachhaltigkeit lernen und lehren fokussiert das transformative Potenzial kultureller Praktiken, Produkte, Perspektiven in Bildungsprozessen. Ausgangspunkt dafür ist ein Verständnis von kultureller Nachhaltigkeit als Querschnittsthema, „weil jede Art der Thematisierung [von Nachhaltigkeit] immer kulturell vermittelt wird, d. h. auf bestimmten Wahrnehmungsmustern, Erkenntnismethoden, Wissensbeständen und Werten beruht.“ (Rippl 2019, 316)
Im Zentrum steht daher die Frage nach der Bedeutung und den Möglichkeiten von kultureller Nachhaltigkeit als Bildungskonzept für eine gesamtgesellschaftliche Transformation, deren Ziel der Schutz und die Sicherung der menschlichen und nichtmenschlichen Lebensbedingungen im Anthropozän ist. Entsprechende Lehr-Lernprozesse erfolgen „in einem Spannungsfeld sozialer, kognitiver und emotionaler Prozesse“ (Wanning 2019, 296) und mit dem Blick auf den Menschen als „Teilnehmer an Netzwerken sehr unterschiedlicher Handlungsträger, die Pflanzen, Tiere, Landschaften, Ressourcen, Atmosphären und Dinge umfassen“ (Horn 2017, 9).
Das Anthropozän-Konzept als Denkrahmen für transformative Bildungsprozesse mit dem Ziel kultureller Nachhaltigkeit kann für die Entwicklung entsprechender Lernszenarien dreifach richtunggebend sein: zur theoretischen Fundierung, zur Konzipierung und zur Evaluierung. Erbeten sind daher Beiträge sowohl aus dem Feld der Konzept- als auch der empirischen Forschung, die sich im Rahmen folgender Fragestellungen bewegen:
Zitierte Literatur: Horn, E. (2017). Jenseits der Kindeskinder. Nachhaltigkeit im Anthropozän. Merkur 71 (814), 5–17. – Leinfelder, R. (2012). Paul Joseph Crutzen, The “Anthropocene”. In C. Leggewie et al. (Hrsg.), Schlüsselwerke der Kulturwissenschaften (S. 257–260). Bielefeld: transcript. – Rippl, G. (2019). Kulturwissenschaft. In U. Kluwick & E. Zemanek (Hrsg.), Nachhaltigkeit interdisziplinär (S. 312–329). Wien u.a.: Böhlau. – Wanning, B. (2019). Bildungspolitik/Didaktik. In Ebd., S. 295–311. – Zapf, H. (2015). Kulturökologie und Literatur. In G. Dürbeck & U. Stobbe (Hrsg.), Ecocriticism (S. 172–184). Köln u.a.: Böhlau.