Aufgaben sind der Ausgangspunkt für die Unterrichtsarbeit. Die Auswahl, die Gestaltung und die Durchführung von Aufgabenbeispielen sind entscheidend für das Lernen an und für sich und auch für die Lernergebnisse. Man könnte sie auch als das Herzstück von/für/als Lernen bezeichnen (Earl, 2013).
Sowohl im Lehrplan als auch in den Bildungsstandards sind Kompetenzen festgelegt. Einen Hinweis darauf, wie die geforderte Kompetenz sichtbar gemacht werden kann, geben uns kompetenz- und handlungsorientierte Aufgaben.
Wenn man solche Aufgaben analysiert und/oder selbst erstellt, hilft dabei die Orientierung an folgenden, für sie typischen Merkmalen:
• Die Aufgabe macht das Zielbild sichtbar (und damit beurteilbar).
• Die Aufgabe soll situiert sein, damit sie eine Handlung auslöst.
• Die Aufgabe ist glaubwürdig, damit sie die Lebenserfahrungen und das Weltwissen der Lernenden mobilisiert.
• Die Aufgabe ist herausfordernd und stellt einen Anspruch auf Handlung.
Diese Art der Aufgabenstellung wird auch als „authentische Leistungsaufgabe“ bezeichnet. Eine konkrete Aufgabe zu einer relevanten Sache stößt eine authentische Interaktion mit der Welt an, in der die Lernenden ihre Kompetenz entwickeln. Sie sind als Praktikerinnen und Praktiker mittendrin in der Praxis der Sache (in welchem Fach auch immer) positioniert: Je stärker schulische Lernprozesse auf die lebensweltliche Praxis bezogen werden, in welcher Menschen die erzielte Kompetenz tatsächlich brauchen, desto mehr Erfahrung als wirkmächtige Anwendende können sie im Unterricht machen (Keller & Westfall-Greiter, 2014).
Daher werden allen die gleiche(n) Aufgabe(n) gestellt, ob als Lern- oder Leistungsaufgabe. Während die Aufgabenstellung gleich bleibt, hängt der Zweck der Leistung von der Beurteilungsfunktion ab. Aufgaben, die dem Lernen und Üben dienen, dienen auch zugleich der kontinuierlichen Lernstandserhebung, damit förderliche Rückmeldung gegeben werden kann und je nach Bedarf auch Differenzierungsmaßnahmen strategisch gesetzt werden können. Aufgaben, die der summativen Leistungsfestsstellung dienen, werden als Beleg für die aktuelle Kompetenz aufgezeichnet.
Thonhauser (2008, S. 13ff) teilt Aufgaben in zwei Großgruppen: „vor Aufgaben bestehen – Prüfungen“ und „an Aufgaben lernen – Lernaufgaben“. Beide Aufgabenarten sind wichtig im Unterricht.
Die folgende tabellarische Gegenüberstellung (Wiesner, Illetschko, George, Breit, Süss-Stepancik, & Schreiner 2017, S. 8) betont diese Unterscheidung und soll veranschaulichen, worin sich Testitems, Prüfungsaufgaben und Lernaufgaben unterscheiden:
Aufgabentyp | Testitems | Prüfungsaufgaben | Lernaufgaben |
Basis | Kompetenzmodell | ||
Einsatz | kompetenzbezogenes Testen in der IKM oder Standardüberprüfung | kompetenzbezogenes Prüfen im Unterricht als Lernerfolgskontrolle | kompetenzbezogenes Unterrichten |
Merkmale | in eine Atmosphäre des Überprüfens und der pädagogischen Diagnose eingebettet dienen der Diagnose bzw. dem eindimensionalen Nachweis von (Teil-) Kompetenzen messen möglichst abgrenzbare (Teil-) Kompetenzen einer definierten Schwierigkeit oder Komplexität Fehler sind nachteilig bzw. unerwünscht es besteht Klarheit in der Aufgabenstellung über die Lösung die gleiche Lösung ist unabhängig von Bewertungsinstanzen immer richtig erfüllen psychometrische und inhaltliche Gütekriterien | in eine Atmosphäre des Prüfens eingebettet dienen dem Nachweis von (Teil-) Kompetenzen bestehen oftmals aus Kompetenzbündeln Fehler sind nachteilig bzw. unerwünscht es besteht Klarheit in der Aufgabenstellung über die Lösung bestehen meist aus Kompetenzbündeln und gestuften Schwierigkeits- und Komplexitätsgraden mehrere Lösungswege können möglich sein erfüllen keine psychometrischen Gütekriterien können sich am Lernstand einer Lerngruppe, Klasse oder einem Lernenden/einer Lernenden orientieren | in eine Atmosphäre des Lernens eingebettet wecken Neugier und Interesse bzw. regen z. B. Erinnern, Üben, Analysieren, Erkunden, Erproben, Entdecken, Erfinden, Abwägen oder Argumentieren an dienen dem langfristigen Erwerb von (Teil-) Kompetenzen bestehen meist aus Kompetenzbündeln und gestuften Schwierigkeits- und Komplexitätsgraden nutzen Fehler zum Lernen können variable Lösungswege oder vielfältige Lernprozesse anbieten können variable Unterrichtssituationen hervorrufen (Kooperation oder Einzelarbeit) sind an den Lernstand einer Lerngruppe, Klasse oder an den Lernenden/die Lernende angepasst |
Orientierung | Produktorientierung | Produktorientierung | Prozessorientierung |
mögliche Ziele | Schulentwicklung
Unterrichtsentwicklung Diagnosefunktion als Grundlage für Förderung (z. B. IKM) Rechenschaftslegung für den Unterricht/für die Schule | Leistungs- und Lernkontrolle Benotung und Beurteilung Rechenschaftslegung für eine Beurteilung | Feedback für den Lernprozess Förderung bestimmter (Teil-)Kompetenzen Erweiterung bzw. Ausbau von (Teil-)Kompetenzen |
Prinzip im Unterricht | teaching to the test | Lernerfolgskontrolle | teaching to competencies |
Bezugsnorm | kriteriale Bezugsnorm wünschenswert, soziale und individuelle Bezugsnorm möglich | eher soziale und auch individuelle Bezugsnorm möglich | eher individuelle und auch soziale Bezugsnorm möglich |
Anbindung an Kompetenzmodelle | notwendig | erwünscht | erwünscht |
Darstellung | kriteriumsbezogen durch Kompetenzstufen, soziale und individuelle Vergleiche | soziale und individuelle Vergleiche | soziale und individuelle Vergleiche |
Anmerkung: Seit 2023 gibt es IKM plus - anstatt der Bildungsstandardüberprüfungen.