Es gibt viele Definitionsversuche für den Begriff Teacher Leader und jede Menge von Teacher Leadership Modellen. Vielfältige und oft divergierende Definitionen sind in der Literatur vorhanden. In ihrer umfassenden Literaturrecherche verweisen York-Barr und Duke (2004, S. 260) darauf, dass Teacher Leadership am häufigsten als Sammelbegriff verwendet wird, um eine Vielzahl von Arbeiten auf mehreren Ebenen im Bildungssystem zu beschreiben.
Auf der Grundlage eines Vergleichs der in der Tabelle gezeigten fünf Modelle kann gefolgert werden, dass Lehrpersonen nicht nur in ihrer Rolle im Klassenzimmer, sondern auch in der Schule und außerhalb der Schule tätig werden. Alle fünf Modelle weisen ausdrücklich auf eine Gemeinsamkeit hin, die die Rolle der Lehrperson erweitert. Darüber hinaus wird die Führung der Lehrpersonen gesehen, um die Leistung der Schüler*innen in der Schule zu erhöhen. Dabei wird in allen fünf sichtbar, dass Handlung im Zentrum steht.
REFLEXIONSFRAGEN
Carter (2017, S. 152f) beschreibt vier Phasen der Teacher Leadership Entwicklung. Das Hineinwachsen in diese Rolle erfolgt mit unterschiedlichsten Einstiegsgeschichten. Daraus entwickelt sich ein früher Lern- und Handlungsprozess, welcher durch Reflexion aber auch durch Versuch und Irrtum gekennzeichnet ist. Phase drei und vier sind als iterative Schleife wahrnehmbar. Von der Verfeinerung der Handlungsprozesse und dem dazu gehörigen Lernen kommt man in die finale Phase des Planens und natürlich wieder zurück zur Verbesserung. Aus der vierten Phase kann auch ein Sprung in die Phase des Hineinwachsens erfolgen, wenn Teacher Leader in andere neu definierte oder neu geschaffene Rollen wechseln.
Die Übernahme von Teacher Leadership zeigt sich in Anlehnung an Merideth (2007, S. 3) in der gleichzeitigen Wahrnehmung von vier Rollen. Als Lehrperson orientieren sie sich an der Leistungsentwicklung sowie den personalen Bildungsprozessen ihrer Schüler*innen. Als Professionist*in entwickeln sie ihre eigene Praxis im Hinblick auf ihre Wirksamkeit kontinuierlich weiter und berücksichtigen dabei Erkenntnisse aus der Fachliteratur und Weiterbildung. Als Vorbild haben sie positiven Einfluss auf ihre Kollegen*innen und setzen kollegial Lernprozesse in Gang. Als Botschafter*in tragen sie die Vision und die Ziele ihrer Schule nach innen und außen mit.
Man durchläuft laut Katzenmexer & Moller (2009, S. 74f) vier Phasen: selbstschützend, angepasst, gewissenhaft und autonom. In der ersten Phase sucht man nach der einen richtigen Antwort und ärgert sich über das System, wenn man stolpert. Danach hält man sich noch stark an bestehende Muster, obwohl man zu akzeptieren beginnt, dass man mehr Verantwortung für die Herausforderungen übernehmen muss. Später erkundet man Möglichkeiten und ist zukunftsorientiert. Schlussendlich erreicht man eine völlige Unabhängigkeit, erkennt die Interdependenz von Lehren und Lernen und begrüßt andere Beiträge und Betrachtungsweisen. Jede dieser einzelnen Phasen ist enorm wichtig für das eigene Lernen, die eigene Weiterentwicklung, aber natürlich aus eigener Erfahrung oft auch immens herausfordernd.
Leadership ist kein angeborenes oder erlerntes Set von individuellen Qualifikationen (Carr, 2015, S. 31) und anstatt vor allem über die Fähigkeiten oder die Disposition eines Teacher Leaders zu sprechen, ist an die Prozesse zu denken, und es gilt, die Handlungen (siehe Teacher Leadership zeigt sich im Tun) sichtbar zu machen.
Basierend auf der Forschung von Silva, Gimbert, & Nolan (2000) gibt es drei wahrnehmbare Wellen in der Teacher Leadership-Geschichte. Zwar sind die Wellen chronologisch dargestellt, spielen sich aber nicht für jeden Einzelfall so ab. Vielmehr handelt es sich um fließende Einheiten, die in verschiedenen Stadien je nach Kontext existieren und als Vehikel des Verstehens dienen, was jede Welle repräsentiert. Teacher Leadership entsteht nicht und / oder verläuft nicht in einer chronologischen Reihenfolge.
Zusammenfassend stellt dies eine Entwicklung von einem Positionsbegriff zu einem Prozesskonzept dar, welches auf Professionalität und Kollegialität beruht.
Sturm (2009, S. 89f) stellt fest, dass Teacher Leader starke Überzeugung und Bereitschaft besitzen, sich der akzeptierten Praxis zu stellen, die in der Tradition und möglicherweise in gut gemeinten, aber ineffektiven Modellen verwurzelt ist. Dabei sind sie bereit, diese zu hinterfragen und selbst in Frage gestellt zu werden. Wobei all ihr Handeln auf Evidenzbasiertheit ruht.
Teacher Leadership ist weniger eine Position als eine Einstellung zur Profession und die wesentliche Dimension einer Vision der Professionalität, die als erweiterte Professionalität bezeichnet werden könnte. Teacher Leadership ist der Schlüssel zur Wirksamkeit und eine Zukunftsperspektive für die Lehrerprofession. Alle Lehrpersonen können – und, wie manche meinen, sollen – Teacher Leader werden. Leadership ist weder eine Frage des Alters, der Position, der Autorität noch der Macht. Wenn man diese Idee weiterverfolgt, kommt man zu Barth (1987, S. 3) und seiner Vision von Schule als „a community of leaders“. Niemand ist ausgeschlossen, eine Teacher Leadership Rolle zu übernehmen und das langfristige Ziel zu erfüllen: Als Teacher Leaders im eigenen Schulkontext eigenständig und im Team wirksam zu werden sowie führende Rollen im Kontext der standortspezifischen Schulentwicklung zu gestalten. Das setzt den Wandel von struktureller Führung hin zu einer Führungsdynamik am Standort voraus.
Teacher Leadership lässt sich als Prozess (damit Lernen und Lehren aller wirksamer wird), als Strategie (zur Positionierung von Lehrpersonen mit besonderer Expertise) und als Kultur (wenn sich alle als Beteiligte verstehen) beschreiben.
REFLEXIONSFRAGEN
In jeder Lehrperson verbirgt sich ein Teacher Leader.
zum VERTIEFEN