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Zeitzeugin im Gespräch mit Studierenden

Gespräche mit lebenden Zeitzeuginnen und Zeitzeugen sind weit mehr als eine wertvolle historiografische und geschichtsdidaktische Quelle. Sie sind Geschenke der Begegnung, die über jedes kategoriale Fachwissen und die bloße Informationsvermittlung hinausgehen. Ein solches Geschenk im Mit-Teilen von Erinnerungen und Erfahrungsräumen machte die Zeitzeugin Eveline Elisabeth März den Studierenden des Praxisseminars Geschichte, geleitet von den PH NÖ-Lehrenden Thomas Gaida und Jürgen Nemec, am 06. Juni an der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich.

Die Überlebende des NS-Terrors nahm die künftigen Geschichtelehrer*innen in einem gut zweistündigen, lebendigen Gespräch an der PH NÖ auf eine Zeit-Reise mit, in der sie ihre persönlichen Erfahrungen von hoher gesamtgesellschaftlicher Relevanz und Dringlichkeit aus der Vergangenheit mit ihrem gegenwärtigen Engagement und ihrem Hoffen für die Zukunft verknotete. Die Studierenden ließen sich nicht nur auf eine konkrete Flucht-, Leidens- und couragierte Widerstandsgeschichte ein, sondern erhielten vor allem auch wertvolle Impulse für die Einbeziehung von Zeitzeugen als bedeutende Quelle des historischen Lernens. 

Fluchtodyssee und Wiedervereinigung

Eveline Elisabeth März wurde am 7. August 1938 in Wien geboren. Ihrem politisch engagierten Vater gelang mit Hilfe der Firma IBM nach dem „Anschluss“ die Flucht in die Schweiz, die den Ausgang einer mehrjährigen Fluchtodyssee über die Türkei, die Sowjetunion und Japan bis in die USA bildete. Seine Frau gelangte mit ihrer Tochter, der heutigen Zeitzeugin, mit dem berühmten Schiff „Nyassa“ – Marc Chagall war einer der prominentesten Flüchtlinge auf dem Schiff – nach New York, wo schließlich die Wiedervereinigung der Familie stattfand.

„Nie wieder“ ist jetzt

Die Rückkehr der Familie nach Wien Anfang der 1950er Jahre war für Eveline Elisabeth März mit Ausgrenzungs- und Antisemitismuserfahrungen verbunden. Als 19-Jährige verwirklichte sie voller Tatendrang ihren Traum von einem Leben in der Kibbuz-Bewegung, studierte in Jerusalem und später in den USA. Seit 1975 lebt sie kontinuierlich in Österreich, seit ihrer Pensionierung in Baden. Mit bewundernswertem Engagement und Akribie beschäftigt sich Eveline Elisabeth März seit Jahren mit der Aufarbeitung ihrer Familiengeschichte, vor allem mit „Arisierungen“, also mit dem nazistischen Raub, dem auch ihre Großfamilie im Nationalsozialismus ausgesetzt war. Dass die Maxime des „Nie wieder“ hier und jetzt verwirklicht werden muss, nahmen die Studierenden mit Überzeugung mit. 

15. Juni 2024 | Weiterbildung | PH NÖ