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Wie gemeinsames Spielen die Inklusion im Kindergarten fördert

Über die Bedeutung des Spiels für die Inklusion im Kindergarten spricht Professor Ulrich Heimlich zum "Tag der Elementarbildung" am 24. Jänner an der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich. Im Vorab-Interview erklärt der Professor für Lehrbehindertenpädagogik unter anderem, wie Pädagoginnen und Pädagogen durch Spielangebote die Barrieren zwischen Kindern mit und ohne Behinderung abbauen können.

PH NÖ: Welche Rolle kommt dem Spiel für die Inklusion im Kindergarten zu?
Heimlich: Das Spiel von Kindern hat besonders in den ersten Lebensjahren ein großes inklusives Potenzial, weil Kinder Spieltätigkeiten aus eigenem Antrieb aufnehmen, sich selbst im Spiel etwas ausdenken und das Spiel selbst steuern. Außerdem kommen im Spiel häufig die verschiedenen Sinne zur Sprache, und die Kinder begegnen sich im Spiel mit ihren unterschiedlichen Interessen, Bedürfnissen und Erfahrungen. Deshalb kann im Spiel auch die gegenseitige Entwicklungsanregung und das Voneinander-Lernen stattfinden, das für inklusive Prozesse zentral ist.

In welchen Bereichen profitieren Kinder mit und ohne Behinderung von inklusiven Spielsettings?
Von besonderer Bedeutung ist im gemeinsamen Spiel von Kindern mit und ohne Behinderung sicher die Entwicklung der sozialen Kompetenzen im Sinne von Toleranz gegenüber Unterschieden, Sensibilität für die Interessen und Möglichkeiten des Spielpartners sowie das Aushandeln von gemeinsamen Spielthemen. Darüber hinaus werden im Spiel jedoch alle Entwicklungsbereiche - kognitiv, emotional, sensomotorisch, sozial - angeregt. Wie die neuere Hirnforschung gezeigt hat, wirkt sich das Spiel sogar im neurobiologischen Sinne positiv auf die Hirnentwicklung aus.

Wie können Pädagoginnen und Pädagogen durch Spielangebote die Barrieren zwischen Kindern mit und ohne Behinderung abbauen?
Am wichtigsten sind zum Abbau von Vorurteilen und Barrieren Begegnungsmöglichkeiten von Kindern mit und ohne Behinderung. Sie sollten zwar von selbstgewählten Kontakten ausgehen. Es ist jedoch durchaus möglich, Kontakte zwischen Kindern mit und ohne Behinderung zu initiieren. Beispielsweise führen großformatige Spielmittel wie etwa Riesenbauklötze aus Schaumstoff dazu, dass Kinder mit und ohne Behinderung vermehrt Kontakt miteinander aufnehmen. Die Kontakte sollten aber nicht nur punktuell sein. Es geht vor allem darum, dass die Kontakte längerfristig bestehen und intensiv genug sind.

Welche Kenntnisse und Fähigkeiten benötigen Elementarpädagoginnen und -pädagogen, um den Anforderungen einer inklusiven Pädagogik im Kindergarten gerecht zu werden?
Frühpädagogische Fachkräfte sollten das Spiel von Kindern zunächst einmal intensiv beobachten und diese Beobachtungen nach Möglichkeit auch dokumentieren. Wichtig ist ebenfalls, dass sie sich die Zeit für gemeinsame Fallbesprechungen nehmen, zum Beispiel auf der Basis von Video-Aufzeichnungen. Darüber hinaus sollten frühpädagogische Fachkräfte auf eine inklusive Gestaltung der Spielumgebung achten. Diese sollte ebenso wie alle Spielmittel barrierefrei zugänglich und hinreichend flexibel gestaltet sein, so dass die Kinder mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen hier teilhaben und etwas beitragen können, also indirekte Spielförderung. Schließlich können frühpädagogische Fachkräfte auch selbst Anregungen zum gemeinsamen Spiel geben oder sogar selbst am Spiel teilnehmen im Sinne einer direkten Spielförderung, dem sogenannten scaffolding.

Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Weiterqualifizierung und Professionalisierung von multiprofessionellen Teams?
Zentral wird es zukünftig sein, frühpädagogische Fachkräfte umfassend auf die inklusive Spielförderung vorzubereiten und multiprofessionelle Teams entsprechend zu qualifizieren. Denkbar sind hier Module zu den Themen "Beobachtung und Dokumentation inklusiver Spielprozesse", "Auswahl inklusiver Spielmittel", "Gestaltung inklusiver Spielumgebungen" oder "Spielpädagogische Interventionsformen". Insofern ist eine deutliche Ausweitung der spielpädagogischen Qualifikationsmaßnahmen im Bereich der Professionalisierung frühpädagogischer Fachkräfte für inklusive Settings angezeigt.

Tag der Elementarpädagogik: "Spiel als Inklusion - Inklusion als Spiel?"
24. Jänner, 19 Uhr / PH NÖ, Campus Baden, Hörsaal Aequalitas

15. Januar 2019, Erstellt von Walter Fikisz | Forschung | PH NÖ | Weiterbildung