Demokratie beginnt nicht im Lehrbuch, sondern im Dialog. Sie wächst dort, wo junge Menschen Fragen stellen dürfen – und Antworten nicht vorgesetzt, sondern gemeinsam gesucht werden. Die Europäischen Zukunftsgespräche 2025 an der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich (PH NÖ) boten Raum für Begegnung, Beteiligung und das gemeinsame Nachdenken über Europas Zukunft – offen, generationenübergreifend und auf Augenhöhe.
Vizerektorin Edda Polz eröffnete die Veranstaltung mit einem deutlichen Appell an die aktive Mitgestaltung junger Menschen. Sie erinnerte auch an das Motto des diesjährigen European Forum Alpbach: „Share your ideas to tackle the great challenges of our time and join us to recharge Europe!“ (Übersetzung ins Deutsche: „Teile deine Ideen, um die großen Herausforderungen unserer Zeit anzugehen – und hilf mit, Europa neue Energie zu geben.“)
Ein zentrales Thema ihrer Eröffnung war die Verantwortung von Bildungseinrichtungen, insbesondere der Pädagogischen Hochschule, in der politischen Bildung: „Politische Bildung ist Verantwortung erkennen, um Verantwortung zu übernehmen“, so Polz. Gemeinsam mit Christian Gsodam, Vertreter des Europäischen Auswärtigen Dienstes und Initiator der Europäischen Zukunftsgespräche, eröffnete sie einen Tag des offenen Denkens – getragen von Offenheit, Respekt und der Überzeugung, dass junge Stimmen gehört werden müssen.
Ein besonderer Impulsvortrag kam von Benita Ferrero-Waldner, ehemaliger Außenministerin und EU-Kommissarin. Ihre Worte vereinten persönliche Erfahrung mit einer tiefgehenden europäischen Perspektive: „Ich war von Anfang an enorm fasziniert von diesen europäischen Gedanken. Ich war Diplomatin in Paris, als der Antrag zur Europäischen Union gestellt wurde“, so Ferrero-Waldner.
Einige Stimmen begleiteten das Publikum digital: Als Zeichen ihrer Verbundenheit mit den European Future Talks übermittelten Magnus Brunner, Claudia Plakolm und Evelyn Regner Videobotschaften, die die Diskussionen um wertvolle Perspektiven erweiterten.
Im Zentrum der Veranstaltung stand das World Café – ein Dialogformat, das jungen Menschen nicht nur zuhört, sondern sie einlädt, mitzugestalten. An zehn Thementischen diskutierten Schülerinnen der HAK Baden sowie Studierende der PH NÖ und der Universität Wien mit Expertinnen über zentrale Fragen europäischer Demokratie. Jeder Tisch wurde von Berichterstatter*innen begleitet. Im Hörsaal Aequalitas der PH NÖ präsentierten sie die gesammelten Gedanken – nicht als Abschluss, sondern als Auftakt zum Weiterdenken.
Martina Raab, die den Vormittag moderierte, fasste ein zentrales Anliegen der Europäischen Zukunftsgespräche 2025 an der PH NÖ zusammen: „Wer Demokratie ernst nimmt, beginnt bei denen, die mit ihr aufwachsen. Demokratie ist dann am stärksten, wenn junge Menschen erleben, dass sie zählt“, so Raab.
Die beiden jungen Klaviertalente Mia und Lily Grobner ließen vierhändig die Europa-Hymne erklingen – ein besonderer Moment im Rahmen dieser Veranstaltung und ein klangvoller Beitrag zur Idee eines Europas, das auf Harmonie, Zusammenspiel und gemeinsamen Tönen fußt. Margarethe Kainig-Huber, Leiterin des Zentrums Prohairesis∙Demokratiebildung, stellte die jungen Talente vor und wusste Spannendes zur Entstehungsgeschichte der Europahymne zu berichten: „Um die Demokratie in Europa zu stärken und zu schützen, brauchen wir Menschen mit Mut, Verstand, Herzens- und Demokratiebildung. Die Melodie zur Europahymne ist hier in Baden entstanden“, so Kainig-Huber. Nur wenige Schritte vom Veranstaltungsort entfernt – im heutigen Beethovenhaus Baden – komponierte Ludwig van Beethoven Teile dieser Melodie. Zwei Originalbriefe belegen, dass er hier an der „Ode an die Freude“ arbeitete – an einer Melodie, die heute für Einheit, Hoffnung und Frieden steht.
Einen besonderen Akzent setzte Christine Schörg mit einer Lesung aus Ilse Aichingers Text „Wo ich wohne“. Als Beitrag zum Österreichischen Vorlesetag erinnerte sie daran, worauf Demokratie im Innersten gründet: auf Sprache, die verbindet – und auf Worte, die tragen, berühren, bleiben.
Europa braucht junge Menschen, die erleben, dass ihre Stimme zählt. Es braucht Menschen, die Demokratie mittragen – in der Bildung, in der Forschung, in der Gesellschaft. Und es braucht Räume, in denen nicht nur gesprochen, sondern gemeinsam gedacht und gestaltet wird.
Ein solcher Raum waren die Europäischen Zukunftsgespräche – offen, lebendig, wach: ein Ort, an dem Demokratie nicht erklärt, sondern erlebt wurde.