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Demokratie erleben und erarbeiten

Unser Besuch galt dem Demokratikum, der Demokratiewerkstatt und der Parlamentsräume − wo nicht nur Geschichte geschrieben wurde, sondern Zukunft gestaltet wird.  Wir erhielten spannende Einblicke in das Parlament – das Fundament unserer Mitbestimmung.

Treffpunkt war das Demokratikum im neu restaurierten Parlament – ein inspirierender Auftakt für unsere Exkursion am 19. Dezember 2024. Schon das Zusammenwarten der Studierenden wurde hier zum Erlebnis, denn zahlreiche interaktive und multimediale Stationen laden zum Mitmachen und Entdecken ein. Anschließend führte uns Frau Monika Weber in einen Clubraum in der Nähe des Sitzungssaals des Nationalrats. Dort begrüßte uns Frau Elisabeth Poller, die stellvertretende Leiterin der Abteilung für Demokratiebildung. Sie gab spannende Einblicke in die vielfältigen Angebote der Demokratievermittlung: die Workshops der Demokratiewerkstatt, das Lehrlingsforum, Jugend- und Lehrlingsparlamente, das Programm „Parlament kommt zu dir“ und die neuen Buchungstools.

Danach ließ uns der stellvertretende Leiter der Parlamentsbibliothek Ronald Mayerhofer an seiner Faszination für seinen Arbeitsplatz teilhaben. Er stellte uns drei Persönlichkeiten vor, die für die Bibliothek im Laufe der Geschichte sehr bedeutende waren: Der längstdienende und mit 24 Jahren jüngster Direktor der Parlamentsbibliothek hieß Sigfried Lipiner. Unter seiner Leitung wurde von 1881 bis 1911 die Parlamentsbibliothek ausgebaut. Er war Schriftsteller, Philosoph, Übersetzer, Bibliothekar und galt als Universalgelehrter. Lippiner stellte Karl Renner als Bibliothekar ein, obwohl dieser zu spät zum Vorstellungsgespräch erschien und die Stelle eigentlich schon vergeben gewesen wäre. Karl Renner war von 1895 bis 1907 als Bibliothekar tätig, bevor er in das Abgeordnetenhaus gewählt wurde. In der Ersten und Zweiten Republik bekleidete er höchste Staatsämter. Als dritte Persönlichkeit brachte Mayerhofer uns Hilda Rothe näher: Sie begann 1920 in der Parlamentsbibliothek und setzte sich in der Zeit des Nationalsozialismus für deren Erhalt ein, indem sie den Termin zur Auflösung der Bibliothek bis zum Kriegsende in Wien hinauszögern konnte. 

Danach erhielten wir vom Leiter des Teams für Führungen Davy-Nathan Burgstaller Informationen über das Führungsangebot für Schulklassen und individuelle Gruppen ab zehn Personen. Neben den allgemeinen Führungen gibt es auch Schwerpunktführungen, wie beispielsweise die Führung „Parlamentarismus und Frauen“ oder eine „Kunstführung“. Bei der Führung für die Primarstufe stellt die Demokratie ein zentrales Thema dar: Die Volksschulkinder lernen die Rolle des Parlaments kennen und begreifen, dass Demokratie ein Prozess ist, der mit ihrem Leben zu tun hat. Wir erfuhren unter anderem, dass unser Referent selbst Lehramt Geschichte studiert und sich unmittelbar nach einer Parlamentsführung als Guide beworben hatte. Er informierte uns darüber, dass sämtliche Parlamentsführungen gratis seien und man auch als Privatperson einen Termin buchen könne, um mit einer persönlich ausgewählten Personengruppe das Parlament näher kennenzulernen.
    
Schließlich nahmen wir zum Abschluss selbst an einer Führung durch das Parlament teil. Zunächst besuchten wir den Nationalratssaal und besprachen die Zusammensetzung sowie die Aufgaben des Nationalrats. Unser Guide Stefan Riedl erklärte uns, wo die Abgeordneten und die Regierungsmitglieder sitzen, welche Aufgaben das Präsidium des Nationalrats wahrnimmt und warum die Redezeit der Abgeordneten beschränkt ist. Dann wurden wir nach oben geführt, wo sich die Räumlichkeiten der Demokratiewerkstatt unterhalb der Kuppel des Parlaments befinden und zugleich einen Blick auf die Arbeit im Nationalratssaal ermöglichen. Wir erfuhren interessante Details über den Bau und die aufwändige Renovierung des Parlaments. Dann versprach uns der Guide ein besonderes Highlight und einen Wow-Effekt: Er sollte Recht behalten. In der Säulenhalle waren alle von der imposanten Wirkung der Architektur überwältigt. Bevor wir uns zum nächsten Abschnitt unseres Rundgangs in den Parlamentsräumen aufmachten, warfen wir einen Blick auf die Prachtstiegen, die seit der Generalsanierung nicht im Rahmen von Führungen zugänglich waren. Kunstobjekte mit Spiegeln ermöglichten uns einzigartige Blicke auf jene Statuen, die den Stiegenaufgang schmücken. Hier entstand auch unser Gruppenbild. Zum Abschluss besuchten wir den Reichsratssitzungssaal. Vor dem Zerfall der Monarchie waren hier acht Nationen, elf verschiedene Sprachen, 17 Kronländer, mehr als 30 Parteien und Gruppierungen und zuletzt 516 Abgeordnete vertreten. Kaiser Franz Joseph stattete keiner dieser bedeutenden Stätten einen Besuch ab. Heute tritt die Bundesversammlung alle sechs Jahre für die Angelobung des neu gewählten Bundespräsidenten bzw. der neu gewählten Bundespräsidentin hier zusammen. Auch für gemeinsame Fest-, Gedenk- und Trauersitzungen des Nationalrats und des Bundesrats steht dieser Saal zur Verfügung.

Die Vermittlung von Demokratie als Erlebnis hat einen hohen Stellenwert in der Demokratiebildung im Parlament an der Wiener Ringstraße. In der Schule geht es auch darum, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass alle Werte der Demokratie − wie Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität − auf der Achtung der Menschenrechte beruhen. Auch in Demokratien sind Spannungsverhältnisse allgegenwärtig und unvermeidbar. Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit: Sie muss immer wieder neu erarbeitet und verteidigt werden.

19. Dezember 2024 | Ausbildung | PH NÖ