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VERTIEFEN

Lehrplan der Volksschule neu – 

Was ist neu, was ist anders?

(Beitrag von Christina Frotschnig, Mitarbeiterin am Lehrplan und Direktorin der VS Markt Allhau, Februar 2023)

Was ist neu?

Ein Anspruch an den neuen Lehrplan, der in den Medien oft genannt wurde, ist die Komprimierung und Kürzung. Dieses Ziel ist für die Volksschule insofern ersichtlich, als dass die Seitenanzahl von 250 auf 130 minimiert wurde. Das gelingt durch die Einschränkung auf eine maximale Anzahl von zehn Kompetenzen pro Fach (unabhängig von der Anzahl der Wochenstuden pro Fach).

Im Zentrum steht die Kompetenzorientierung, die durch das Konzept der reflexiven Grundbildung unterstützt wird. „Ziel der reflexiven Grundbildung ist es, dass Schülerinnen und Schüler am Ende der Grundschule befähigt sind, kritisch zu urteilen und selbstständig weiter zu lernen. Dieses spiegelt sich in der Struktur der Lehrpläne für die Unterrichtsgegenstände wider.“ (Lehrplan 2023)

Es wird zwischen „fachlichen, überfachlichen und fächerübergreifenden Kompetenzen unterschieden. Die fachlichen Kompetenzen sind mit dem Unterrichtsgegenstand verbunden und werden explizit im achten Teil genannt. Zu den überfachlichen Kompetenzen gehören insbesondere Motivation, Selbstwahrnehmung und Vertrauen in die eigene Person, soziale Kompetenzen und lernmethodischen Kompetenzen. Fächerübergreifende Kompetenzen sind jene Kompetenzen, die in der Auseinandersetzung mit den übergreifenden Themen erworben werden sollen. 

Aus den „Unterrichtsprinzipien“ wurden „Übergreifende Themen“.
Die übergreifenden Themen werden im vierten Teil dargestellt.“ (13 übergreifende Themen werden aufgezählt, aus denen die fächerübergreifenden Kompetenzen abgeleitet werden.)

Gesamtunterricht verbindet diese drei Dimensionen, fächerübergreifender Unterricht wird ermöglicht. Dies ist allerdings kein neuer Aspekt: im alten Lehrplan hieß es: „Somit sind die Lernanlässe oft situationsorientiert und fachübergreifend.“ (Lehrplan 2010) (besonders in der Grundstufe I)
Der alte Lehrplan hat didaktisierende Aspekte, wie zum Beispiel „Lernformen“. Der Lehrstoff wurde in einer stofflichen Grobstruktur angegeben und modellhaft konkretisiert.
Im neuen Lehrplan spricht man hingegen von „Anwendungsbereichen“, in denen die zu erwerbenden Kompetenzen Anwendung bzw. Einsatz finden.

Im alten Lehrplan werden der Lehrperson explizit Entscheidungsfreiräume eingeräumt im Hinblick auf Methodenfreiheit und Methodengerechtheit und der Ausgewogenheit der Lehrstoffe.
Generell kann gesagt werden, dass die Kompetenzorientierung im Mittelpunkt des neuen Lehrplans steht, sie ersetzt den Lehrstoff, doch komplett neu ist sie nicht. Auch im alten Lehrplan wurden Kompetenzen der Kinder genannt. 

Die einzelnen Unterrichtsgegenstände gliedern sich in 
•    Bildungs- und Lehraufgabe
•    Didaktische Grundsätze
•    Zentrale fachliche Konzepte (neu)
•    Kompetenzmodell und Kompetenzbeschreibungen (ersetzt den Lehrstoff)
•    Anwendungsbereiche (neu, weil explizit genannt. Im alten Lehrplan waren diese unter der Grobstrukturierung des Lehrstoffes zu finden.)

Was ist anders?

Es wird nicht mehr von „Kindgerechtheit“ gesprochen, das Wort „Kind“ wird ersetzt durch „Schülerin – Schüler“. Damit werden Spezifika dieser Altersgruppe ausgeblendet. Daraus folgt, dass der Gliederung in die Grundstufen aufgehoben wird. Der alte Lehrplan war nach Lehrplan-Grundstufen aufgebaut: „In der Grundstufe I sind der Lehrplan der Vorschulstufe und der Lehrplan der darauf folgenden 1. und 2. Schulstufen so aufeinander abgestimmt, dass ein Wechsel gemäß § 17 Abs. 5 des Schulunterrichtsgesetzes während des Unterrichtsjahres ermöglicht wird, um eine Über- oder Unterforderung auszuschließen. Die Neuordnung des Schuleingangsbereiches soll auch der Förderung von besonders begabten Schülerinnen und Schülern dienen, indem diese von der 1. in die 2. Schulstufe wechseln können.“ (Lehrplan 2010)
Das war ein wesentlicher Aspekt im alten Lehrplan, den Entwicklungsunterschieden der Kinder in der Volksschule Rechnung zu tragen. Das kommt in dieser Deutlichkeit nicht mehr zum Ausdruck. Die Lernziele sind nun in der 1. und 2. Schulstufe ausformuliert. 
Im alten Lehrplan wird explizit gefordert, dass das Wiederholen von Schulstufen vermieden werden soll: „Beim Durchlaufen der Grundstufe I in drei Schuljahren wird die für das erfolgreiche Absolvieren erforderliche Lernzeit zur Verfügung gestellt, ohne dass es zu einem Wiederholen einer Schulstufe kommt.“ (Lehrplan 2010)

Im neuen Lehrplan erfolgt die Orientierung weg vom Lehrstoff samt didaktisierender Hinweise hin zur Kompetenzorientierung auf drei Ebenen.
Anders benannt, aber nicht neu, sind die im organisatorischen Rahmen genannten Punkte:, teilweise bekommen sie eine prominentere Nennung*. 

•    Erhöhung bzw. Verringerung des Stundenausmaßes
•    Dauer einer unterrichtlichen Einheit
•    Vorschulstufe
•    Inklusiver Unterricht
•    Schularbeiten
•    Gestaltung von Nahtstellen
•    Öffnung der Schule und des Unterrichts
•    Begabungs- und Begabtenförderung* (In den allgemeinen didaktischen Grundsätzen für die Grundschule war diese ebenso angeführt.)

Anders und neu

Umsetzung des Lehrplans am Schulstandort sowie schulische Gestaltungsfreiräume: hier wird deutlich auf die Schulentwicklungsarbeit hingewiesen, also weg vom Einzelhandeln der Lehrperson in der Klasse hin zur Unterrichtsentwicklung am Standort. Im alten Lehrplan spricht man von „Entscheidungsfreiräumen“ der Lehrperson.

Neu ist, dass aus der Verbindlichen Übung Lebende Fremdsprache nun in der 3. und 4. Schulstufe ein Pflichtgegenstand wird, der somit auch beurteilt wird. Der Grund dafür könnte in einer weiteren Selektionsmöglichkeit nach der 4. Schulstufe liegen.
Neu ist auch die Gliederung der Stundentafel, das klingt nun moderner, inhaltlich hat sich nicht recht viel geändert:
Sprachen: Deutsch und Lebende Fremdsprache
Mathematik, Naturwissenschaften, Wirtschaft und Gesellschaft: Mathematik und Sachunterricht
Musik, Kunst und Kreativität: Musik, Kunst und Gestaltung (alt: Bildnerische Erziehung), Technik und Design (alt: Werken, nur auf der Vorschulstufe wird weiterhin von Werkerziehung gesprochen)
Verbindliche Übungen sind: Lebende Fremdsprache (nur in 1. und 2. Schulstufe), Verkehr- und Mobilitätsbildung

 

 

 Gegenüberstellung der Allgemeinen didaktischen Grundsätze: 

alt

neu

1. Kindgemäßheit und Berücksichtigung der Lernvoraussetzungen

Grundsatz 1: Lehrerinnen und Lehrer nehmen Schülerinnen und Schüler individuell wahr und ermöglichen individuelle Lernprozesse.

 

Grundsatz 2: Lehrerinnen und Lehrer bieten einen digital unterstützten Unterricht und nutzen innovative Lern- und Lehrformate

2. Soziales Lernen

 

Grundsatz 3: Alle an der Unterrichtsorganisation beteiligten Personen kooperieren und ermöglichen einen inklusiven Unterricht an der Schule

 

Grundsatz 4: Lehrerinnen und Lehrer planen den Unterricht sorgfältig und sorgen für eine kompetenzfördernde Lernumgebung

7. Individualisieren, Differenzieren und Fördern

 

Grundsatz 5: Lehrerinnen und Lehrer begleiten die Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler.

 

Grundsatz 6: Alle am Schulleben Beteiligten pflegen einen respektvollen Umgang miteinander

 

Grundsatz 7: Sprachsensibler Fachunterricht findet in allen Unterrichtsgegenständen statt.

8. Sicherung und Kontrolle des Unterrichtsertrages

„Beim Durchlaufen der Grundstufe I in drei Schuljahren wird die für das erfolgreiche Absolvieren erforderliche Lernzeit zur Verfügung gestellt, ohne dass es zu einem Wiederholen einer Schulstufe kommt.“

„Damit Leistungsfeststellung und Leistungsbeurteilung als ermutigende Rückmeldung auf den individuellen Lernprozess wirken können, soll im Rahmen der Lernzielorientierung auch der individuelle Lernfortschritt des Kindes berücksichtigt werden.“

Grundsatz 8: Lehrerinnen und Lehrer geben im Lernprozess Rückmeldung und sorgen für eine transparente und kompetenzorientierte Leistungsbeurteilung

 

3. Lebensbezogenheit und Anschaulichkeit

 

4. Konzentration der Bildung (ganzheitliche Bildung)

 

5. Sachgerechtheit

 

6. Aktivierung und Motivierung

 

Sachunterricht – Gliederung in Bereiche:  

Alt

Neu

Gemeinschaft - Natur

Sozialwissenschaftlicher Kompetenzbereich

Naturwissenschaftlicher Kompetenzbereich

Raum

Geografischer Kompetenzbereich

Zeit

Historischer Kompetenzbereich

Wirtschaft

Wirtschaftlicher Kompetenzbereich

Technik

Technischer Kompetenzbereich

Was bedeutet die Einführung des Lehrplans für das Team / für die Schulleitung?

Beim alten Lehrplan stand die Lehrperson mit ihrer Methodenfreiheit im Mittelpunkt. Die Auseinandersetzung mit dem neuen Lehrplan wird nun explizit als Arbeit am Schulstandort bezeichnet.
Den spezifischen Gegebenheiten am Schulstandort kann also nun Rechnung getragen werden. Mit QMS kann die Implementierung des neuen Lehrplanes ein Thema im Schulentwicklungsplan werden.

Ich sehe eine große Herausforderung für Ausbildung und Fortbildung, wenn die Kompetenzen der einzelnen Fächer, jener der übergreifenden Themen und den überfachlichen Kompetenzen betrifft. Je nachdem, wie das Angebot der PH aussieht, leitet sich davon die Arbeit der SchulleiterInnen ab.

Für die Arbeit an der kriterialen Leistungsbeurteilung ist der neue Lehrplan ein Gewinn, denn nun können explizite Kompetenzen abgeleitet werden. Die Kompetenzraster, die derzeit in Finalisierung sind, stellen eine große Unterstützung dar.

Unterricht wird damit mit größerer Gewichtung ein gesamtschulisches Thema am Standort, das spannende Entwicklungen erlaubt.
 

Was ist neu in den Lehrplänen der Sekundarstufe1? 

• Einführung von neuen Gegenstandsbezeichnungen, um den inhaltlichen sowie methodisch-didaktischen Entwicklungen Rechnung zu tragen: Kunst und Gestaltung (bisher: Bildnerische Erziehung), Technik und Design (Technisches Werken, Textiles Werken), Musik (Musikerziehung), Bildungs- und Berufsorientierung (Berufsorientierung), Geografie und wirtschaftliche Bildung (Geographie und Wirtschaftskunde), Biologie und Umweltbildung (Biologie und Umweltkunde), Geschichte und Politische Bildung (Geschichte und Sozialkunde/Politische Bildung) 
• Die verbindliche Übung „Digitale Grundbildung“ wird zu einem Pflichtgegenstand mit zusätzlichen 4 Jahreswochenstunden (1 pro Schulstufe). 
• Angleichung der Struktur der schulautonomen Stundentafeln von AHS und Mittelschule: Angabe der Mindestwochenstunden, Entfall der Deckelung
• Ergänzung und Aktualisierung der Freigegenstände und unverbindlichen Übungen (Neu: Romanes, Soziales Lernen; Umbenennung: Muttersprachlicher Unterricht → Erstsprachenunterricht, Maschinschreiben bzw. Kurzschrift → Textverarbeitung) 
• Mittelschule: Erweiterung des Lehrplans um die kroatische und ungarische Volksgruppensprache 

Gegenüberstellung der Lehrpläne (Grundschule - VS, Sekundarstufe1 - MS und AHS-Unterstufe)

Die folgende Übersicht bietet eine Zusammenschau der Inhalte aus den drei Lehrplänen, zeigt Übereinstimmungen, aber auch Abweichungen und Differenzen auf.