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WEITERDENKEN

Kompetenzorientierung eröffnet neue Möglichkeiten für das Lernen.

Kompetenzorientierter Unterricht zwingt uns, vertraute pädagogische Überzeugungen, Einstellungen und Verhaltensweisen zu reflektieren und eventuell zu ändern. Eine große Herausforderung besteht darin, Lehr-/Lernsituationen am Lernergebnis auszurichten, welches zukünftig erforderliches Wissen und subjektbezogenes Können gleichermaßen umfassen soll. Eine weitere wichtige zu berücksichtigende Konsequenz ist eine Schüler*innenorientierung.

Weinert (2001, S. 27 f.) versteht unter Kompetenzen „die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“.

Kompetenzen ermöglichen es den Schüler*innen, in variablen Situationen zu handeln und ihr Wissen und Können zielgerichtet, verantwortungsvoll und reflektiert einzusetzen. Kompetenz ist das Zusammenspiel von Wissen, Können und Disposition, welches uns in neuen Situationen zur Verfügung steht. Je höher unsere Kompetenz, desto mehr Handlungsoptionen haben wir.

Für Reusser (2014, S. 333) ist das Umdenken im Zuge der Kompetenzorientierung nicht radikal, aber „eine Akzentverschiebung von Stoffzielen zu Könnenszielen, von Inhalten zu Lernprozessen, von Lerngelegenheiten zu Fähigkeiten, jedoch auch von Absichten zu überprüfbaren Zielen.“

Als Unterstützung helfen sicher folgende Fragestellungen:
•    Was will/soll ich eigentlich unterrichten?
•    Warum unterrichte ich das?
•    Was soll bei den Schüler*innen hängen bleiben? Was sollen sie von diesem Thema nach ein, fünf, zehn … Jahren noch zur Verfügung haben?

Da es in erster Linie um die Fähigkeit zur flexiblen Anwendung des erworbenen Wissens und der erworbenen Fertigkeiten geht, ergeben sich notwendige Änderungen für die schulische Praxis.

Beim kompetenzorientierten Unterricht soll das Verstehen im Fokus stehen und zeichnet sich durch das Zusammenspiel aus Wissensaufbau, dem Verstehen der Inhalte und der Anwendung des Gelernten aus (Horster & Rolff, 2001).

Passend dazu braucht es Aufgaben, denn diese bestimmen die Qualität von Lerngelegenheiten. Im wissenschaftlichen Diskurs wird von einer „neuen“ Aufgabenkultur gesprochen (Greiner, Hofmann, Schreiner & Wiesner, 2020; Keller & Reintjes, 2106; Reusser, 2014).

Kompetenzaufbau erfolgt vernetzt und kontinuierlich über Fächergrenzen und die gesamte Schulzeit hinweg (Nagy, Struger & Wintersteiner, 2012). Dabei werden fächerübergreifender Unterricht, Projektunterricht oder Task-Based Learning immer wichtiger (Wullschleger & Birri, 2014).

Lenski, Richter und Pant (2015) interpretieren Kompetenzorientierung als Haltung von Lehrpersonen, weil durch diese die Herangehensweise an Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung grundlegend bestimmt wird (Lenski et al., 2015).

Kompetenzorientierung ist ein Leitbegriff der Didaktik.

Didaktik thematisiert wer (Zielgruppe) was (Inhalte) von wem (Lehrende) wann (Zeitpunkte) mit wem (Differenzierung, Sozialformen) wo (Lernorte) wie (Methoden) womit (Medien) wozu (Ziele) lernen soll.

Um komplexe Anforderungen erfolgreich und angemessen zu bewältigen und diese Lösungen handelnd in die Tat umzusetzen, benötigt eine Person gewisse Voraussetzungen. Diese könnte man als Kompetenzen bezeichnen. Frank und Iller (2013, S. 37) fordern ein didaktisches Modell, um die Verbindung von (fachlichem) Wissen und (subjektbezogener) Handlungsfähigkeit im Sinne des Kompetenzbegriffes zu erfüllen und sie (ebd., S. 35) stellen dazu drei Fragen:

„1) Wenn Kompetenzen aus konkreten Anforderungen abgeleitet sind, besteht für die Didaktik das Problem, die zukünftigen Handlungssituationen zum Zeitpunkt des Lernens noch gar nicht kennen zu können. Welche wichtigen Situationen werden in der Zukunft zu bewältigen sein?
2) Im Kompetenzbegriff stößt eine von außen herangetragene Erwartung an bestimmte Handlungsweisen der Person auf deren eigene Bewertung der Situation. Welches Verhalten ist (aus welchen Gründen) als erfolgreich und angemessen – und damit als kompetent – anzusehen?
3) Auch ist in Kompetenz nicht die materiale Grundlage eingeschlossen, die zu ihrem Erwerb führen soll. Die Kompetenz, Texte zu lesen und kritisch zu hinterfragen, kann beispielsweise sowohl mit der Bibel als auch mit Marx’ Kapital als Lektüre erworben werden. Es stellt sich also die Frage, welche Inhalte sind für die Kompetenzentwicklung notwendig bzw. förderlich?“

Im kompetenzorientierten Unterricht werden die Lernprozesse der Schüler*innen in den Mittelpunkt gerückt. Sie erwerben nicht nur Wissen, sondern lernen, mit diesem Wissen und ihren Fertigkeiten konkrete Anforderungssituationen flexibel zu bearbeiten. Die Lehrpersonen üben sich im genauen Beobachten der Schüler*innen, um die jeweiligen Lösungsstrategien und Lernstände zu erkennen und um den Schüler*innen dazu passende Lernangebote zu eröffnen. Aufgaben spielen dabei eine essentielle Rolle (Feindt & Meyer, 2010).

Kompetenzorientierung heißt für Lehrpersonen, den Unterricht so zu planen, zu gestalten und zu reflektieren, dass auf vorhandene Kompetenzen der Schüler*innen aufgebaut und neue Kompetenzen entwickelt werden können. Oder anders zusammengefasst kompetenzorientiert zu planen, lernseitig zu unterrichten sowie performanzorientiert zu beurteilen, gehört zum kompetenzorientierten Unterrichtsverständnis.

Kompetenzorientierung folgt Prinzipien.

Um Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern nachhaltig, effektiv und fundiert zu fördern und sie als interessierte und neugierige Lernende zu fordern, sollen Lehrpersonen bei der Kompetenzorientierung in Anlehnung an Weinert (2001) vielfältige Prinzipien aktiv und aktivierend anstreben (Steinkellner & Wiesner, 2017).

Die Auswahl, Gewichtung und Strukturierung der Inhalte und vor allem das konkrete Unterrichtshandeln erfolgen unter dem Aspekt ihres Beitrages zur Kompetenzentwicklung. Beachtenswerte Faktoren oder Prinzipien sind dabei

  • die Orientierung an den Lernenden und die Aktivierung dieser,  
  • Transparenz und Zielklarheit,  
  • eine Aufgabenkultur, mit Aufgaben, die die Qualität der Lerngelegenheiten bestimmen,
  • Planung, Gestaltung, Rückmeldung & Reflexion des Unterrichts und  
  • der Lebensraum Klasse und Schule (Schulkultur) bzw. die Haltung der handelnden Personen zur Kompetenzorientierung.

Der kompetenzorientierte Unterricht sollte immer situations- und personenbezogene Balancen aufzeigen. Zwischen Strukturiertheit und Offenheit der Lernorganisation, zwischen gemeinsamen und individuellen Lernsequenzen, zwischen systematischen und handlungsorientierten Lernformen. Wobei Schüler*innen dafür ein differenziertes Lernangebot erhalten, das auf der Grundlage genauer Lernstandsanalysen erarbeitet worden ist. Weiterhin sollten die Lehrerinnen und Lehrer mit fachlichen und überfachlichen Kompetenzstufen-Modellen arbeiten, um Entwicklungsmöglichkeiten jeder einzelnen Schülerin bzw. jedes Schülers genauer in Betracht ziehen zu können.

Das Wissen und Können der Schülerinnen und Schüler sollte möglichst systematisch und vernetzt aufgebaut werden, wobei der Nutzen dieses Wissens, Verstehens und Tun Könnens in realitätsnahen unterrichtlichen und außerunterrichtlichen Anwendungssituationen erprobt wird. Fehler sollen dabei als Lernschritte betrachtet werden und durch formatives, lernförderliches Feedback zur Entwicklung von Kompetenzen beitragen (Meyer, 2004).

Kaufhold (2006) und Feindt & Meyer (2010) ergänzen zu den Grundmerkmalen von Kompetenzorientierung, dass Kompetenzen erstens grundsätzlich erlern- und förderbar sind und als relativ zeitstabil und doch veränderbar gelten und zweitens, dass Kompetenzen in Form von Performanz in lebensweltlichen Anwendungen sichtbar sein müssen. Es wird davon ausgegangen, dass die gezeigte Performanz auf eine Kompetenz verweist. „Performanz als Prozess beschreibt die Doppelbilanz von unmittelbarem Handlungsergebnis (Leistung) und Rückwirkung auf die Handlungskompetenz (Leistungsfähigkeit)“ (Schreyögg & Conrad, 2006, S.10). Damit wird nur die Performanz messbar und niemals die gesamte Kompetenz.

Der Erfolg der Kompetenzorientierung steht und fällt mit den Lehrpersonen, die mit ihrem unterrichtlichen Handeln die Lernentwicklung von Schülerinnen und Schülern begleiten und unterstützen (Posch, Rauch & Seidl, 2012), der Schulleitung als pädagogische Führung und der Schulaufsicht als übergeordnete Instanz. Die nachhaltige Etablierung der Kompetenzorientierung setzt voraus, dass die damit verbundenen Ansätze und Ideen als zentrale Themen der Schul- und Unterrichtsentwicklung begriffen werden.